Die „Binge-Eating-Störung“ (engl. Binge = Gelage) wird erst seit einigen Jahren als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt und unterscheidet sich von anderen Essstörungen wie der Bulimie durch das Fehlen gegenregulierender Maßnahmen (z.B. selbstinduziertes Erbrechen, übermäßiger Sport). Dadurch kommt es bei den Betroffenen in aller Regel zu einer ausgeprägten Gewichtszunahme mit deutlichem Übergewicht. Die Funktion derartiger Essanfälle ist häufig die Reduktion hoher Anspannung, ausgelöst durch belastende Gefühle wie Kummer, Sorge oder Einsamkeit. Das Essen dient also der „Ersatzbefriedigung“ für andere unerfüllte Bedürfnisse.
Die Betroffenen berichten über regelmäßige Heißhungeranfälle, bei denen sie in kurzer Zeit große Mengen an kalorien- und fettreicher Nahrung zu sich nehmen. Sie verlieren bei diesen „Fressattacken“ völlig die Kontrolle über das Essen, schlingen die Nahrung förmlich in sich hinein und essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl. Meist stellen sich nach einem derartigen Essanfall Ekel- und Schuldgefühle ein, nicht selten auch Deprimiertheit bis hin zu einer manifesten depressiven Episode.
Über die Entstehungsbedingungen einer Binge-eating-Störung weiß man noch nicht sehr viel. Die Wissenschaft geht heute von einer sog. multifaktoriellen Genese aus, d.h. dass prädisponierende Faktoren (z.B. eine genetische Disposition) mit einem spezifischen Auslöser zusammenkommen müssen, damit sich das Krankheitsbild entwickelt. Vermutete Risikofaktoren sind Übergewicht in der Kindheit und damit verbundene Abwertungen, traumatische Erlebnisse in der Kindheit, ein geringes Selbstwertgefühl sowie Schwierigkeiten mit der Emotionsregulation. Als Auslöser kommen belastende Lebensereignisse („life-events“) in Frage.
Bislang stehen zur Behandlung einer Binge-Eating-Störung in erster Linie psychotherapeutische Ansätze zur Verfügung. Dabei steht zunächst eine Reduktion der Essattacken im Mittelpunkt der Therapie, die i.d.R. im ambulanten oder teilstationären Setting durchgeführt werden kann. Das Gewicht normalisiert sich in der Folge meist automatisch. Der zweite Behandlungsabschnitt zielt auf die Herstellung einer akzeptierenden Haltung zum eigenen Körper und beinhaltet darüber hinaus die Bearbeitung innerpsychischer Konflikte. Bislang gibt es keine zugelassene Pharmakotherapie zur Behandlung der Binge-Eating-Störung, es mehren sich aber die Hinweise, dass eine flankierende medikamentöse Therapie (z.B. mit Antidepressiva) in vielen Fällen sinnvoll ist.
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