Am 27. Dezember 2020 hat Deutschland mit den Impfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 gestartet. Alle der aktuell zugelassenen Impfstoffe durchliefen zuvor strenge Tests, in denen sie sich als gut verträglich erwiesen. So erfreulich dies auch ist – was Erkenntnisse über Corona anbelangt, ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Lesen Sie in unserem Blogbeitrag, warum die derzeit eingesetzten SARS-CoV-2-Impfstoffe als sicher gelten und weshalb es trotz der voranschreitenden Impfungen notwendig ist, weitere klinische Studien zu Corona durchzuführen.
Dem Alltag entgegenforschen
Seit der Ende 2019 begonnenen Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 läuft die klinische Erforschung des Erregers auf Hochtouren: So viele Erkenntnisse wie möglich müssen gewonnen werden, um die Gesundheit der Weltbevölkerung schützen und wiederherstellen zu können. Den ersten großen Erfolg konnten wir bereits feiern: die Entwicklung und Zulassung mehrerer Impfstoffe. Tagtäglich steigt die Anzahl der gegen SARS-CoV-2 geimpften Menschen. Dies lässt aufatmen: Die ganze Welt fiebert dem Ende der Pandemie und der Rückkehr zum Alltag entgegen. Doch in der (klinischen) Forschung gilt, dass man sich nicht auf bisherigen Errungenschaften ausruhen darf – Corona ist hiervon keine Ausnahme.
Vielleicht gehören auch Sie zu den Menschen, die an den Corona-Impfstoffen zweifeln und/oder sich fragen, warum es denn überhaupt notwendig ist, das Virus weiterhin zu erforschen. Ihre Bedenken sind nachvollziehbar, aber können entkräftet werden: Lassen Sie uns Licht ins Dunkel bringen!
“Die Zulassung ging viel zu schnell – die Impfstoffe können ja gar nicht sicher sein!“
Es stimmt, dass die SARS-CoV-2-Impfstoffe ungewöhnlich schnell zugelassen wurden: Üblicherweise nimmt die Erforschung eines Wirkstoffs mehrere Jahre in Anspruch, ehe er anschließend in Form eines Arzneimittels oder Impfstoffs auf dem Markt verfügbar ist. Die Corona-Pandemie ist eine spezifische Ausnahme von dieser Regel. Das bedeutet aber keineswegs, dass der Zulassungsprozess dieser Impfstoffe weniger streng abgelaufen ist. Tatsächlich wurden sie nach den gleichen gängigen Forschungskriterien getestet: Zunächst wurde jeder der Impfstoffe im sogenannten präklinischen Entwicklungsprogramm – das heißt in Labor- und Tierversuchen – auf positive Auswirkungen sowie auf Sicherheit geprüft. In diesen Untersuchungen zeigten die Impfstoffe positive Ergebnisse bzw. erwiesen sich als unbedenklich. Auf dieser Grundlage stimmten die Ethikkommission sowie die Arzneimittelbehörde zu, die Wirkstoffe im nächsten Schritt in klinischen Studien an Menschen zu erproben. In den frühen Studienphasen erhielten einige wenige Studienteilnehmer die Impfstoffe. Da sich auch dort gute Ergebnisse zeigten, folgten die nächsten Studienphasen, die sehr viel mehr Studienteilnehmer beinhalteten.
Die SARS-CoV-2-Impfstoffe wurden vor ihrer Zulassung also ausreichend auf Sicherheit, Verträglichkeit sowie Wirksamkeit überprüft. Es konnte sichergestellt werden, dass ihr Nutzen gegenüber eventuellen Nebenwirkungen überwiegt: Insgesamt betrachtet gelten alle der Impfstoffe als gut verträglich, da bisher – von wenigen Einzelfällen abgesehen – keine problematischen Nebenwirkungen zu verzeichnen sind. Weitere Untersuchungen müssen noch herausfinden, ob diese einzelnen Fälle tatsächlich mit der Impfung bzw. dem jeweiligen Impfstoff zusammenhängen oder ob es sich dabei um Zufälle handelt.
Warum konnte das Zulassungsverfahren der Corona-Impfstoffe so zügig ablaufen? Weil in diese Studien sehr viel mehr Studienteilnehmer als bei den üblichen Impfstudien eingeschlossen wurden – wissenschaftliche Ergebnisse und Erkenntnisse lagen somit viel schneller vor als sonst. Angesichts der wütenden Pandemie wurde der Zulassungsprozess dieser Impfstoffe also ganz bewusst beschleunigt: Es wurden hohe Investitionen getätigt und besondere Priorisierungen bei den Bearbeitungsschritten getroffen.
„Es sind doch bereits Impfstoffe zugelassen worden – die Impfungen sind im vollen Gange. Jetzt können wir nur noch warten!“
Das Coronavirus hat sich rasant auf allen Kontinenten verbreitet – dementsprechend muss die ganze Welt mit Impfstoffen versorgt werden. Diese extrem hohe Nachfrage kann nicht mit einem Mal erfüllt werden. Vor allem am Anfang waren die Produktionskapazitäten begrenzt, sodass die Menschen zunächst nach Dringlichkeit geimpft wurden: Risikogruppen und medizinisches Personal standen dabei ganz oben auf der Liste. In den letzten Wochen ist es mit dem Impfen sehr vorangegangen, insbesondere aufgrund der Beteiligung von Arztpraxen und weil die Impfstoffe mittlerweile in größerer Menge verfügbar sind. Aus diesem Grund hat Deutschland seine Impfpriorisierung zum 7. Juni 2021 aufgehoben.
Es wird sicher noch etwas dauern, bis die breite Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 geimpft ist. Bis dahin gilt: Weiterforschen! Es müssen noch viele zusätzliche Daten zu Corona gesammelt werden, zum einen in puncto Impfung:
Zum anderen ist es mit Vorbeugung bzw. mit Impfstoffen allein nicht getan. Es müssen auch verschiedene Arzneimittel entwickelt werden, um bereits bestehende SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen (einschließlich der unterschiedlichen Krankheitsverläufe und -stadien) wirksam behandeln zu können. Hierbei steht beispielsweise die Behandlung milder bis moderater Symptome im Fokus, um der Entstehung eines schweren Verlaufs bzw. der Erfordernis einer Krankenhausbehandlung vorzubeugen. Darüber hinaus sollen Arzneimittel verhindern, dass schwer an COVID-19 erkrankte Menschen in einen derart schlechten Zustand abrutschen, dass eine invasive (maschinelle) Beatmung erforderlich wird, insbesondere weil aktuell noch jeder zweite invasiv beatmete COVID-19-Patient verstirbt. Davon abgesehen werden Arzneimittel benötigt, die COVID-19-Genesenen dabei helfen sollen, Spätfolgen ihrer überstandenen Erkrankung zu überwinden.
Derzeit werden hauptsächlich vier COVID-19-Medikamentenarten erforscht:
Sie sehen: Es ist sehr sinnvoll bzw. notwendig, sowohl Corona-Impfstoffe als auch COVID-19-Medikamente weiter zu erforschen – Zurücklehnen ist keine Option.
“Aber das Virus mutiert doch – was bringen uns Impfstoffe, die bald nicht mehr helfen?“
Aktuell sind mehrere SARS-CoV-2-Mutanten, also genetische Veränderungen des Coronavirus, im Umlauf. Hierbei gelten laut WHO vier von ihnen als sogenannte besorgniserregende Virusvarianten: die Variante Alpha (früher bekannt als britische Variante B.2.2.7), die Variante Beta (früher bekannt als südafrikanische Variante B.1.351.), die Variante Gamma (früher bekannt als brasilianische Variante P.1) und die Variante Delta (früher bekannt als indische Variante B.1.617). Man geht davon aus, dass die Virusvarianten noch ansteckender sind als das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus.
Zunächst einmal ist es nicht unüblich, sondern ganz normal, dass Viren mutieren: Je mehr Menschen eine Infektion durchlaufen und Antikörper gebildet haben, desto schwerer fällt es Viren, noch nicht immune Menschen bzw. Wirte zu finden. Daraufhin mutieren die Viren, da das menschliche Immunsystem Mutationen nicht so gut erkennt. Erfreulicherweise ist das Coronavirus bisher relativ langsam mutiert. Darüber hinaus produzieren die aktuell zugelassenen Impfstoffe spezifische Antikörper, die an mehreren Stellen des Coronavirus andocken: Wenn sich das Virus an einer Stelle verändern sollte, wird die Impfstoff-Wirkung eventuell etwas geschwächt – aber keinesfalls verhindert. Außerdem ist es laut Forschung möglich, die Sequenz eines Corona-Impfstoffs auszutauschen und innerhalb von 6 Wochen eine neue Impfung parat zu haben. Alles in allem ist derzeit davon auszugehen, dass die aktuell eingesetzten Corona-Impfstoffe auch gegen die Mutationen wirken. Wie gut genau die Schutzwirkung bei den einzelnen Virusvarianten und Impfstoffen ausfällt, muss aber noch durch weitere Forschung herausgefunden werden.
“Ich soll Kontakte vermeiden, aber ins Studienzentrum zu fremden Menschen gehen?“
Auf den ersten Blick mag es widersprüchlich erscheinen: Die Bevölkerung soll einerseits Kontakte einschränken, aber andererseits rufen Studienzentren dazu auf, an Corona-Impfstudien teilzunehmen. Tatsächlich ist es aber so, dass Kontakt nicht gleich Kontakt ist und hier mit zweierlei Maß gemessen werden muss: Nur klinische Forschung kann aussagekräftige Erkenntnisse hervorbringen und der Corona-Pandemie ein Ende setzen – daran führt kein Weg vorbei. Klinische Forschung ist aber nur dann möglich, wenn genug Menschen freiwillig bereit sind, an Studien teilzunehmen. Diese Logik basiert auf dem Grundsatz der sogenannten evidenzbasierten Medizin: Die Entwicklung medizinischer Behandlungen kann nur dann nach bestem Wissen und Gewissen erfolgen, wenn ausreichend Beweise für ihre Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit gesammelt wurden. Diese Evidenz ist messbar – dabei besitzen sogenannte randomisierte kontrollierte Studien die höchste Aussagekraft: In solchen Studien werden die Teilnehmer eingeteilt in eine Behandlungsgruppe (diese erhält den zu prüfenden Wirkstoff) und eine Kontrollgruppe (diese erhält ein Placebo (Scheinmedikament) oder einen anderen, bereits zugelassenen Wirkstoff).
Fazit
Die Corona-Pandemie zerrt uns allen seit anderthalb Jahren an den Nerven – doch das Licht am Ende des Tunnels wird immer heller. So schwer es auch ist: Wir müssen gemeinsam noch etwas Geduld und Durchhaltevermögen beweisen. Die meisten von uns haben sich inzwischen mit dem Tragen einer Maske und den anderen Einschränkungen mehr oder weniger arrangiert. Aufgrund des Impffortschritts und der sinkenden Fallzahlen werden schrittweise Lockerungen beschlossen. Doch ist es nach wie vor nicht immer so einfach, mit der Informationsflut rund um Corona umzugehen. Dabei ist es insbesondere für Nicht-Experten oftmals schwierig, den Überblick zu behalten und den genauen Sinn hinter bestimmten gesundheitspolitischen und wissenschaftlichen Vorgehensweisen sofort zu erkennen. Es ist daher verständlich, unsicher oder skeptisch zu sein und Fragen zu haben.
Wir hoffen, unser Blogbeitrag konnte nachvollziehbar erklären, warum die aktuell zugelassenen Corona-Impfstoffe als sicher gelten und weshalb die bisher gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse zwar erfreulich sind, aber noch lange nicht ausreichen.
COVID-19: Lohnt es sich überhaupt, weiterzuforschen? Ja, absolut! Denn es gilt: Auf mehrere Pferde setzen – vor allem bei der Gesundheit!
Corona-Studien – auch bei emovis
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Quellen:
Stand: 7. Juni 2021
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